Die „Harvard Methode“ ist ideal bei lösungsorientierten Verhandlungen, egal ob beruflich oder privat. Selbst bei schwierigen Verhandlungen kannst du hiermit ein positives Verhandlungsergebnis erzielen.
Ziel der Methode ist es, die Sach- und Beziehungsebene zu trennen, Interessen auszugleichen und Entscheidungsalternativen mit Hilfe neutraler Beurteilungskriterien zu suchen, um so einen Gewinn für alle Beteiligten zu schaffen.
Die Harvard Methode für konstruktive Lösungen
Im Unterschied zum „Feilschen“ geht es hier um eine Verhandlungstechnik, die relativ rasch konstruktive Lösungen liefert. Bei einer Aussage wird nicht, wie üblich eine Gegenposition aufgebaut, sondern nach dem „Warum“ gefragt. Damit rückt das Ziel, ein gutes Gespräch oder einen Vertragsabschluss zu erreichen, in den Vordergrund.
Die Harvard Methode im Alltag
Bei Verhandlungen im Alltag streben wir in möglichst kurzer Zeit gute Lösungen an. Doch oftmals hapert es an der notwendigen Verhandlungskompetenz.
Wie du weisst, versuchen sich bereits Kinder im schlauen verhandeln, weil sie ihre persönlichen Ziele besonders schell durchsetzen wollen. Der Sohn will mehr Taschengeld, die Tochter länger in die Disco. Und Ehepaare verhandeln, weil sie verschiedene Vorstellungen von der Wohnungseinrichtung oder für den nächsten Urlaub haben.
Auch in unseren Seminaren und Ausbildungen in der Digital Coach Academy stellen wir immer wieder fest, dass die Harvard Methode einigen vom Hörensagen bekannt ist, aber dass es ihnen in der Praxis schwer fällt, die persönliche Ebene von der Sachebene zu trennen.
Es gibt nämlich nicht nur den harten Weg der Verhandlungen oder das weit verbreitete Prinzip der Kompromisse. Sondern hilfreich ist hier vor allem der dritte Weg, der die Härte in der Sache mit der Sanftheit gegenüber dem Partner vereinigt. Dieses sachgerechte und interessengeleitete Verhandeln ist Teil des Harvard Methode:
Hart in der Sache – sanft im Umgang
Die Harvard Methode bezweckt eine „Win-Win“ Situation zu schaffen. In verschiedenen Büchern über Verhandlungstechniken wird dieses Prinzip meist mit einer einleuchtenden „Orangen Geschichte“ gezeigt:
Regula, die Mutter zweier Kinder, hat noch eine einzige Orange in der Früchteschale. Da kommen beide Töchter gerannt. Beide rufen:
„Ich will die Orange!“
Was tun? Soll nun Mutter Regula die Frucht zerschneiden? Soll sie eine Münze werfen? Oder soll sie Anna und Lea um die Orange kämpfen lassen?
Intuitiv macht die Mutter das Richtige und fragt: Warum wollt ihr die Orange unbedingt haben?
Anna will einen Kuchen backen und braucht dazu nur die Schale. Lea hat Durst und möchte nur den frisch gepressten Orangensaft trinken. Die Orange ohne Schale genügt ihr.
Nach der Klärung der Bedürfnisse ist die Lösung plötzlich einfach, weil die beiden unterschiedlichen Interessen sich vereinen lassen, indem Anna die Schale und Lea die geschälte Orange bekommt.
Beim schnellen Kompromiss mit zwei halben Orangen hätten zwei unzufriedene Kinder die Küche verlassen.
Die vier Prinzipien der Harvard Methode
Verhandlungen nach dem „Harvard“ Prinzip folgen einem einfachen Muster. Es gilt vier Prinzipien zu beherzigen:
Sachbezogen diskutieren | Interessen abwägen |
Mensch und Problem werden getrennt. Nicht auf das Gegenüber einschießen, sondern auf das Ziel konzentrieren. | „Warum“ Fragen machen die unterschiedlichen Interessen bewusst. |
Optionen suchen | Beweise erbringen |
Lösungsmöglichkeiten sammeln | Objektive Kriterien vorlegen |
Vor allem beim Suchen von Optionen, die im Idealfall beiden Seiten den größtmöglichen Nutzen bringen, ist Kreativität und Innovation gefragt. Das bedeutet sich nicht auf die angeblich einzig denkbare Lösung fixieren.
Die 4 Eckpfeiler der Harvard Methode
- Mensch: Die Trennung von Sache und Beziehung. Probleme und Menschen werden getrennt betrachtet.
- Interesse: Das Erkennen der wechselseitigen Interessen. Nicht Positionen, sondern Interessen stehen im Mittelpunkt.
- Möglichkeiten: Das Finden von Entscheidungsalternativen. Vor Entscheidungen sollten verschiedene Wahlmöglichkeiten entwickelt werden.
- Kritrien: Die Verwendung neutraler Beurteilungskriterien. Das Ergebnis soll auf objektive Entscheidungen aufbauen.
Die Harvard Methode und aktives Zuhören
Neben den 4 Eckpfeilern ist bei der Harvard Methode Aufmerksamkeit und das aktive Zuhören wichtig. Wer bei Verhandlungen Erfolg haben will, muss auf die Qualität des Zuhörens achten. Es lohnt sich zudem, die Art des Fragens zu beachten und dem Verhandlungsklima einen Stellenwert zu geben.
Es gibt spezielle sprachliche „Türöffner“, die Bewegung in verfahrene Gesprächssituationen bringen können. Diese sind nonverbaler Art wie Nicken, Blickkontakt, Schweigen, Zuwendung, aber auch verbaler Art, die dem Gegenüber zu verstehen geben:
- „Ich bin interessiert an dem, was du sagst, erzähl noch mehr!..“
- „Es interessiert mich, zu erfahren….Das ist ein guter Vorschlag…“
- „Ich will dich wirklich gerne verstehen“
- „Interessant, kannst du das noch genauer erklären…“
Für die Harvard Methode ist auch folgende Beschreibung passend:
„Verständnis für die Interessen der Gegenseite haben, selbst dann, wenn ich nicht mit allem einverstanden bin. Verstehen bedeutet nicht zwangsläufig einverstanden sein.“
Doreen Ullrich
Hier ein Beispiel
Die Ehefrau will das ihr Mann mehr im Haushalt hilft
1. Menschen und Probleme getrennt betrachten
Subjektive Sichtweisen klären: Die Ehefrau will das ihr Mann mehr im Haushalt hilft!
Zu klären ist: Was heißt Haushalt in den Augen der Ehefrau?
2. Es zählen Interessen, nicht die Positionen
Interesse lässt sich besser durch Offenheit auf verschiedene Blickwinkel befriedigen, als auf das „Beharren“ der eigenen Position.
ZB. Ehemann: Ich höre mir gerne an, was du genau von mir im Haushalt erwartest.
Z.B. Ehefrau: Fein, das freut mich! Was machst du denn am liebsten, bzw. was magst du denn überhaupt nicht im Haushalt?
3. Optionen entwickeln, die beiden (Gesprächs)-partnern Vorteil bringen
Es gibt stets mehr als nur ZWEI Lösungen!
Ehefrau: Wenn du so gerne kochst, ist das toll. Mir ist es lieber, wenn ich die Bügelwäsche mache, weil ich dabei gerne etwas meditiere.
4. Objektive Bewertungskriterien finden
Ein gutes Ergebnis (Übereinkunft) kommt nie durch Druck zustande, sondern folgt vernünftigen, objektiven Kriterien!
Ehefrau: Ich finde es toll, dass wir uns auf diese Haushaltsteilung geeinigt haben.
Ehemann: Ja, ich auch und ich freue mich, dass ich dich damit unterstützen kann.
Das Besondere am Harvard Konzept ist, dass gar nicht erst nach einem Kompromiss gesucht wird, sondern nach Lösungen, die für beide Seiten gewinnbringend sind. Dafür brauchst du einfach nur etwas Kreativität und Offenheit für ungewöhnliche Wege.
Viel Spaß beim künftigen Verhandeln, bis zum nächsten Mal
Doreen
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